Bagatellschadengrenze für Gutachten

Sachverhalt:

Am 07.06.2016 musste das Amtsgericht Halle (Saale) einen Fall urteilen (AZ: 95 C 4070/15). In weigerte sich die Versicherung ein Gutachten vollständig zu begleichen, in welchem ein Schaden von „nur“ 1109,62 EUR dokumentiert war.

Nach Auffassung der Versicherung wäre dieser Betrag lediglich eine Bagatelle. Es bedürfe um den Schaden rechtssicher zu belegen keines Gutachten.

Das Amtsgericht Halle (Saale) urteilte dazu:

„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 398,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. 6 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 386,27 EUR seit dem 19.03.2012 sowie aus weiteren 12,00 € seit dem 16.02.2016 zu zahlen, Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.“

Die Begründung des Gerichts:

„Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.

Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderli­chen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH vom 30.11,2004, Az. VI ZR 365/03, Rn, 16 – juris).

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist dabei grundsätz­lich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadens­gutachtens zu beauftragen (BGH vom 15. Oktober 2013, Az. VI ZR 528/12).

Ob die Erstellung eines Sachverständigengutachtens ausnahmsweise zur zweckentsprechenden Rechtsverfol­gung nicht erforderlich ist, bestimmt sich aus der Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters (BGH vom 30.11,2004, Az. VI ZR 365/03, Rn, 17 -juris) unter Berücksichtigung seiner seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten (BGH vom 15. Oktober 2013, Az. VI ZR 471/12, Rn. 19-juris).

Ein Indiz für die Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bildet der durch das Gutachten festgestellte Reparaturaufwand (BGH vom 30.11.2004, Az. VI ZR 365/03, Rn. 18 – juris). Als Betrag, bei dem jedenfalls kein – ein Sachverständigengutachten nicht erforderlich machender – Bagatellschaden vorliegt, setzt der BGH für einen im Jahr 2002 entstandenen Schaden Reparaturkosten in Höhe von 715,81 € an.

 Ausgehend davon war der Geschädigte nach dem Unfall berechtigt, nicht nur einen Kosten­voranschlag einzuholen, sondern ein Schadensgutachten.

Aus damaliger Sicht konnte sich der Geschädigte nicht darauf verlassen, es liege lediglich ein Bagatellschaden vor.“

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