Gutachten auch bei Bagatellschaden zulässig
Grundsätzliches
Regelmäßig stellt sich insbesondere für Fahrer älterer Fahrzeuge mit geringem Fahrzeugwert folgende Frage. Liegt der Unfallschaden überhaupt oberhalb der Bagatellschadengrenze (715,81 EUR)? Oder überschreiten die möglichen Reparaturkosten ggfs. sogar den Fahrzeugwert?
Sachverhalt
Das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte über einen Fall zu entscheiden. In diesem lag die Höhe des Unfallschaden knapp unterhalb der Bagatellschadenhöhe. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges hatte bei 1.200 EUR gelegen. Der Geschädigte befürchtete einen Totalschaden auf Grund des geringen Fahrzeugwertes und beauftragte einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens.
Die Versicherung lehnte den Ersatz der Kosten durch den Gutachter teilweise ab. Sie begründete diesen Umstand mit der Tatsache, dass die Bagatellschadengrenze nicht überschritten worden wäre.
Entscheidung des Gerichts
Das AG Berlin-Mitte entschied am 08.04.2020 (AZ: 110C 5063/19 V), dass die Klage auf Ersatz der Kosten sehr wohl begründet wäre.
Ferner führte es aus, dass die Kosten des Gutachters grundsätzlich zu den mit dem Schaden verbundenen sind. Somit sind diese durch den Schädiger (bzw. dessen Versicherung) auszugleichenden Vermögensnachteile.
Der Geschädigte kann diese Kosten bereits geltend machen, wenn dieser diese zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen für erforderlich und zweckmäßig gehalten hat.
„Dabei kommt es nicht allein auf die Schadenhöhe oder das Verhältnis der Reparaturkosten zu den Sachverständigenkosten an, da diese bei Beauftragung des Gutachters gerade noch nicht bekannt sind.“ so das Gericht.
Erklärung
Das Gericht erklärte, dass insbesondere auf Grund des geringen Wiederbeschaffungswertes des beschädigten Fahrzeugs, es dem Geschädigten vorab als Laie nicht möglich war, sicher zu wissen wie hoch die Reparaturkosten genau ausfallen würden.
Durch die Beauftragung eines Gutachters mit der Erstellung eines Gutachtens wurde folgendes festgestellt: Die Brutto-Reparaturkosten werden den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. Mit einem Kostenvoranschlag wäre dies nicht konkret möglich gewesen. Dieser beinhaltet schließlich keinen dafür notwendigen Wiederbeschaffungs- und Restwert.
Somit hätte die einstandspflichtige Haftpflichtversicherung möglicher Weise das Vorliegen eines Totalschadens einwenden können.
Urteil
Auch wenn durch einen Sachverständigen Kosten entstehen, so ist es aus den genannten Gründen vernünftig und erforderlich gewesen, eben diesen zu beauftragen. Insofern hat der Geschädigte einen begründeten Anspruch auf Ersatz der restlichen Kosten aus der Rechnung des Sachverständigen in Höhe von 359,76 EUR.
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